Umsatzsteuer bleibt außen vor BGH: Keine Vermischung von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung
Mit Urteil vom 5. April 2022 (Az. VI ZR 7/21) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass bei der fiktiven Schadensabrechnung im Kfz-Haftpflichtrecht keine nachträgliche Erstattung der Umsatzsteuer verlangt werden kann – selbst wenn die Reparatur später tatsächlich durchgeführt wurde. Der Geschädigte muss sich eindeutig für eine Abrechnungsform entscheiden. Eine Kombination beider Varianten ist unzulässig.
Sachverhalt
Die Klägerin rechnete den Unfallschaden an ihrem Fahrzeug zunächst fiktiv auf Basis eines Gutachtens ab. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers ersetzte die geschätzten Netto-Reparaturkosten. Anschließend ließ die Geschädigte das Fahrzeug reparieren und forderte zusätzlich rund 840 € Umsatzsteuer. Die Versicherung verweigerte die Zahlung – zu Recht, wie der BGH nun entschied.
Rechtlicher Rahmen
- Grundlage der Schadensregulierung ist § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf Naturalrestitution (Herstellung des ursprünglichen Zustands) hat.
- § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB regelt, dass bei Abrechnung auf Kostenbasis („fiktiv“) die Umsatzsteuer nur erstattungsfähig ist, wenn sie tatsächlich angefallen ist.
- Eine Wahl des Abrechnungswegs ist dem Geschädigten zwar gestattet – sie muss aber konsequent und einheitlich erfolgen.
Kernaussagen des Urteils
- Keine nachträgliche Geltendmachung der Umsatzsteuer, wenn zunächst fiktiv abgerechnet wurde.
- Eine nachträgliche tatsächliche Reparatur öffnet nicht automatisch die Tür zur konkreten Abrechnung einzelner Positionen.
- Der BGH betont die Trennung der Abrechnungswege: Entweder konkrete Abrechnung mit Vorlage tatsächlicher Kostenbelege inkl. Umsatzsteuer – oder fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis ohne Umsatzsteuer.
- Ein „Rosinenpicken“ durch Kombination der jeweils günstigsten Elemente beider Methoden sei unzuläss
Fazit
Wer sich für die fiktive Abrechnung entscheidet, verzichtet auf den Ersatz der Umsatzsteuer – selbst wenn er das Fahrzeug später reparieren lässt. Der BGH setzt damit ein deutliches Signal gegen versuchte Vorteilskombinationen aus beiden Abrechnungsarten und stärkt die rechtliche Trennschärfe im Schadensersatzrecht.
Unfallgeschädigte müssen sich entscheiden, welchen Weg der Schadensabrechnung sie wählen – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Ein Wechsel zur konkreten Abrechnung bleibt grundsätzlich möglich, muss aber vollständig erfolgen.
Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.04.2022 – VI ZR 7/21
- Von Marius Pflaum,
DIRO AG